Mehr als Medizin: damit Kinder auch im Spital lachen können

Kinderlachen ist kostbar und unersetzlich. Damit Kinder auch im Spital lachen können, unternehmen wir grosse Anstrengungen, um den kleinen Patient:innen die Angst zu nehmen und ihren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Mit gezielten Techniken, viel Einfühlungsvermögen und Kreativität gelingt es ihnen, den Kindern trotzt Schmerzen und Heimweh ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern.

In der Welt der Superkräfte

In der Welt der Superkräfte

Der 7-jährige Simon wird nach einem Sturz auf dem Velo in die Notaufnahme der Kinderklink gebracht. Seine Knie sind aufgeschlagen, der Arm vermutlich gebrochen. Neben den starken Schmerzen plagt ihn die Angst vor der kommenden Untersuchung. Auch seine Mutter ist merklich besorgt, die Anspannung ist spürbar. Eine Pflegefachperson spricht Simon schon bei der Ersteinschätzung Mut zu. Sie geht mit gezielten Fragen nach den möglichen Superkräften von Simon auf ihn ein und entführt ihn so fast unbemerkt in eine Phantasiewelt. Der Schmerzreiz kann dank positiver Suggestionen reduziert werden. Simon entspannt sich, und die verabreichten Schmerzmittel können gut wirken 

Die Pflegefachpersonen und das ärztliche Personal auf dem Kindernotfall werden von ausgebildeten Hypnosetherapeutinnen regelmässig in hypnotischer Kommunikation geschult. «Im Grunde achten wir einfach auf eine wohlwollende Kommunikation mit positiven Worten. Besonders wichtig ist, dass wir Begriffe wie «Angst» oder «weh» vermeiden, denn sie können den Schmerz verstärken. Mit positiven Suggestionen – wenn wir zum Beispiel sagen «wir schauen gut zu dir» oder «du bist in Sicherheit» – können sich die Kinder viel besser entspannen. Angst und Schmerz werden kleiner», konkretisiert Karin Zihlmann, Oberärztin am Notfallzentrum für Kinder und Jugendliche. Ärzt:innen und Pflegefachpersonen in der Kinderklinik lassen ihre Patient:innen auch möglichst oft mitbestimmen und mitwirken, damit sie sich weniger hilflos fühlen. Simon darf bei der Blutentnahme selber entschieden, ob er auf Mamas Schoss oder lieber auf der Liege Platz nehmen will. Während eine Pflegefachperson ihn ablenkt, indem sie Simon ihn mit auf eine Reise zu einem sicheren Ort nimmt, kann ihre Kollegin den Eingriff vornehmen. Die hypnotische Kommunikation wird nach Möglichkeit bei allen Interventionen eingesetzt, falls nötig in kombiniert mit schmerzlindernden und sedierenden Medikamenten. Ziel ist, dass Kinder und Eltern so entspannt wie möglich sind und mit einem guten Gefühl wieder nach Hause gehen können.

Traumdoktor:in für die ganze Familie

Auf der onkologischen Bettenstation tritt Belle, das Huhn von Dr. Hatschi, ins Zimmer von Laura ein. Dr. Hatschi ist Traumdoktor der Stiftung Theodora. Sofort schimpft er mit Belle und will das Ballon-Huhn wieder aus dem Zimmer bugsieren. Laura lacht lauthals – das Eis ist gebrochen. Mit Improvisation und viel Einfühlungsvermögen schafft es Dr. Hatschi innert kürzester Zeit, Laura in eine Spielwelt zu entführen und sie von ihrem Leiden abzulenken. Laura liegt regelmässig auf der Station, seit sie an Leukämie erkrankt ist. Dr. Hatschi wurde im Stationszimmer darüber informiert, wie es ihr zurzeit geht, so dass er sein Spiel ihrem Zustand anpassen kann. Er wendet sich auch an ihre Schwester, die seit Lauras Erkrankung immer etwas zurückstehen muss. Dass nun beide Kinder lachen und für einen kurzen Moment die Krankheit vergessen, zaubert auch den Eltern ein Lächeln der Erleichterung aufs Gesicht.

Seit mehr als 30 Jahren besuchen die Traumdoktoren der Stiftung Theodora das Kinderspital, nicht nur auf den Bettenstationen, sondern auch auf dem Notfall, rund um die Operationssäle und in den Wartezimmern. Ihre Anwesenheit ist eine grosse Unterstützung für das ärztliche und pflegerische Personal. Die Abteilungsleiterin Pflege der Kinderklinik, Judith Bütikofer, blickt dankbar zurück auf die langjährige Partnerschaft: «Seit 30 Jahren verzaubern die Künstler:innen der Stiftung Theodora unsere kleinen und grösseren Patient:innen jede Woche mit viel Geschick und Einfühlungsvermögen und entführen sie für kurze Zeit in eine andere Realität.»

Wenn Schule Spass macht

Louis ist 9 Jahre alt. Er muss wegen einer Entzündung des Herzmuskels während mehreren Wochen mit einer IV-Therapie behandelt werden. Damit er den Anschluss an seine Stammklasse nicht verliert, besucht er im Kinderspital die Patientenschule. Zum Glück ist er bereits fit genug, um das Klassenzimmer zu besuchen. Am Anfang seines Aufenthalts wurde er am Bett einzeln unterrichtet. Schulleiterin Livia Salis-Wiget weiss: «Hier freuen sich die Kinder meistens auf die Schule, weil sie Abwechslung und Freude in den Spitalalltag bringt.» Auch auf den Besuch des Vereins Chindernetz Kanton Bern freut sich Louis immer ganz besonders. Jede Woche entführt ihn eine professionelle Erzählerin mit einer individuell für ihn ausgewählten Geschichte für kurze Zeit in eine Fantasiewelt, in der er Schmerzen, Heimweh und den Spitalalltag vergessen kann. 

Lachen ist die beste Medizin

Die Psychosomatik lehrt uns: Körper und Seele sind untrennbar miteinander verbunden. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass durch herzhaftes Lachen Glückshormone ausgeschüttet werden, welche die körpereigene Abwehr stärken und so den Heilungsprozess beschleunigen. Ein Lächeln ist also nicht nur ansteckend, sondern auch heilsam.

Kinderlachen ist kostbar – und teuer

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, sie brauchen mehr: Mehr Zeit, mehr Einfühlungsvermögen, mehr Personal und eine kindgerechte Infrastruktur. All die Anstrengungen, die unternommen werden, um den Kindern ihren Aufenthalt im Spital altersgerecht zu gestalten und mit viel Abwechslung zu versüssen, werden nicht über die medizinische Leistungsabrechnung vergütet, sondern werden von Stiftungen oder Spenden getragen. Die Pädiatrie in der Schweiz ist strukturell unterfinanziert. Die Initiative #bärenstarkeKinder setzt sich zusammen mit der Stiftung KinderInsel für verbesserte Rahmenbedingungen in der Kindermedizin ein.